Genre: Dystopie-Drama
Länge: ca. 25 min
Sprache: Deutsch
Drehzeitraum: März/April 2023
Fertigstellung: Herbst 2023
Auswertung: Filmfestivals international
Bild: Digital, Farbe
Audio: 5.1
Synopsis
Sanna ist als DJ ohnehin eine Person, die in der Öffentlichkeit steht. Der nächste logische Schritt für sie, nach den gesellschaftlichen Normen von Ruhrstadt, ist, sich scannen zu lassen. Jeder Mensch soll eine Projektion von ihr haben können. Eine lebensechte Puppe um ihr nah zu sein. Agatha, die Mitarbeiterin die sie scannt, lebt mit den Projektionen ihrer verstorbenen Eltern zusammen. Ihr Bruder Dante verabscheut sie dafür. Sanna wird Zeugin, wie Dante die Projektionen seiner Schwester löscht. Ein Akt der Gewalt, doch als sie ihn auf einem ihrer Auftritte wieder trifft, lernt sie seine menschliche Seite kennen. Sie beginnt, seine Abneigung gegen Projektionen und seinen Schmerz über Agathas Haltung zu verstehen. Als sie feststellt, wie mit ihrem eigenen Ebenbild umgegangen wird, beginnt sie, die Wendung, die die Gesellschaft durch Projektionen erfährt, in Frage zu stellen.
Regiegedanken
Was ist der Unterschied zwischen „einsam“ und „allein“? Ich bin ein Kind der ersten Welle von sogenannten „digital natives“. Ich bin nicht komplett mit Smartphones und der globalen Vernetzung aufgewachsen, aber war jung genug, sie irgendwann als selbstverständlichen Teil meines Lebens hinzunehmen. Ich nutze sie, aber stelle fest, dass sie schleichend andere Formen des menschlichen Umgangs ersetzen. Wir sind alle im ständigen Kontakt, aber sind uns nicht wirklich nah. Gleichzeitig wird fast erwartet, dass man durch permanentes Teilen alle Bereiche seines Lebens offen legt. Der Urlaub mit Freunden, das Abendessen zu zweit, der Besuch bei der Familie. Alles wird dokumentiert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. An Stelle von echten Begegnungen speisen wir uns mit Substituten ab, die wir uns gegenseitig bereitwillig zur Verfügung stellen. Konversation wurde durch einseitiges Teilen und Monologe ersetzt, auf die wir nicht wirklich eine Antwort erwarten. An Stelle von Austausch und Beziehung ist ein ständiger Zugriff getreten, der echte Nähe aber nicht ersetzen kann. Trotzdem gieren wir nach den Aufmerksamkeiten, die uns die nebenbei geschickte Memo, das Like auf Instagram oder das Match bei Tinder vermitteln. Es befriedigt nicht. Nie. Und genau deshalb wollen wir immer mehr davon. Wir wollen uns begehrt fühlen. Wir wollen Nähe spüren. Wir wollen teilhaben. Die digitalen Substitute erfüllen dieses Bedürfnis nicht ganz, aber sie schützen uns auch vor dem, was bei zwischenmenschlicher Interaktion immer mit schwingt: Verantwortung. Wenn ich mit Freunden in den Urlaub fahre und Erlebnisse mit ihnen teile, muss ich mich auch mit den Menschen auseinandersetzen. An guten und an schlechten Tagen. Tue ich das nicht, muss ich es erklären. Wenn ich auf einem Date merke, dass der Mensch mir doch nicht gefällt, muss ich das kommunizieren, Dinge mit denen ich mich unwohl fühle ansprechen und mir die Antworten darauf anhören. Oder ich kann einfach das Match auflösen. Dem Menschen, mit dem ich den Urlaub auf Instagram erlebe, nicht mehr folgen. Ohne Konsequenzen. Aus diesen digitalen Vorteilen entspringt eine Denkweise. Alles ist im permanenten Zugriff, alles ist verbunden, aber es ist kein Problem diese Verbindung zu kappen. Ich muss keine Verantwortung dafür übernehmen, wenn ich einen Menschen aus meinem nicht-originären Dunstkreis entferne, erlebe nicht die Folgen, wenn ich einem Menschen Leid zufüge. Oder übergriffig werde. In „Moloch“ hat die Gesellschaft von Ruhrstadt diesen Gedanken in das physische Leben geholt. Die Firma Lium stellt willenlose Duplikate von Menschen her, wodurch sich eine Person in den permanenten Zugriff anderer Leute begeben kann, ohne ihnen wirklich nah zu sein. Die Menschen können ihre Bedürfnisse bis zu einem gewissen Grad mit ihren leblosen Puppen befriedigen. Sie können durch diese „Projektionen“ ansatzweise lieben, trauern, Nähe spüren. Niemand muss mehr allein sein. Doch gibt Lium den Leuten das, was sie in ihrem Slogan versprehen? „Das Ende der Einsamkeit.“